Stell dir vor, du fährst ein Auto und merkst, dass etwas nicht stimmt. Zuerst sind es nur kleine Anzeichen – ein seltsames Geräusch oder eine Warnleuchte, die kurz aufblinkt. Du fährst weiter, weil du denkst, dass es nicht so schlimm ist. Doch irgendwann fängt das Auto an zu ruckeln, das Geräusch wird lauter, und schließlich bleibt es stehen. Der Motor gibt auf, weil er zu lange unter Druck gestanden hat.
Unser Körper funktioniert ähnlich. Wenn wir über längere Zeit Stress oder Traumata erleben, macht er alles, was er kann, um uns am Laufen zu halten. Am Anfang sendet er uns oft subtile Signale – vielleicht sind es Verspannungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsprobleme. Wir nehmen sie wahr, aber oft schieben wir sie beiseite. „Ich habe keine Zeit, mich darum zu kümmern,“ sagen wir uns. „Das wird schon wieder.“ Und wir machen weiter. Immer weiter.
Doch unser Körper vergisst nichts. Nie.
Die stille Warnung deines Körpers
Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich diese kleinen Zeichen ignoriert habe. Als ich als alleinerziehende Mutter mein Wirtschaftsinformatikstudium in Dresden absolvierte, war der Stress oft unvorstellbar. Neben den Anforderungen des Studiums musste ich mich um meine Kinder kümmern, den Alltag alleine bewältigen und die finanziellen Herausforderungen meistern. Mein Körper zeigte mir Warnzeichen: Kopfschmerzen, Verspannungen, dauerhafte Erschöpfung. Aber ich habe sie ignoriert. „Da muss ich durch“, dachte ich. Und ich machte weiter.
Was ich damals nicht wahrnahm, war, dass ich mich oft in eine Art Dissoziation begab – ich war körperlich anwesend, aber emotional und geistig nicht wirklich verbunden mit dem, was um mich herum geschah. Ich habe diese Mechanismen aus meiner Kindheit übernommen, wo es oft sicherer war, sich aus der Situation zu „flüchten“, als sich mit den unangenehmen Gefühlen zu beschäftigen. Es war, als würde ich nur funktionieren, ohne wirklich zu leben.
Der Kreislauf von emotionaler Überforderung und Essen
Als mein Körper schließlich die Reißleine zog und ich ins Burnout rutschte, wurde mir klar, dass ich jahrelang versucht hatte, all die ungelösten emotionalen Themen zu verdrängen. Was ich damals nicht sehen wollte, war, dass ich diese inneren Konflikte durch emotionales Essen kompensierte. Immer wenn die Überforderung oder die Einsamkeit zu groß wurde, griff ich zu Essen, um die unangenehmen Gefühle zu betäuben. Das war lange Zeit meine einzige Möglichkeit, mit dem Stress umzugehen, den ich nicht verarbeiten konnte.
Die Kilos, die sich dadurch ansammelten, waren mehr als nur das Ergebnis von unkontrolliertem Essen. Sie waren ein Ausdruck der Last, die ich emotional mit mir herumtrug. Und obwohl die ketogene Ernährung mir half, kurzfristig Gewicht zu verlieren, kehrten die alten Muster zurück, weil ich mich nicht wirklich mit den tieferliegenden emotionalen Themen auseinandergesetzt hatte.
Nach dem Burnout – Der Kampf mit dem Übergewicht und den Krankheiten
Neben den emotionalen und psychischen Belastungen zeigte sich mein Körper auch physisch. Ich hatte 50 kg Übergewicht, litt unter Hashimoto, Leaky Gut und einer Reihe anderer körperlicher Beschwerden. Mein erster Gedanke war, die Lösung in der Ernährung zu finden. Die ketogene Ernährung erschien mir damals wie das Allheilmittel – etwas, das all meine körperlichen Probleme beseitigen würde.
Und es half tatsächlich, zumindest eine Weile. Ich nahm ab, meine Symptome verbesserten sich, und ich fühlte mich kurzfristig besser. Aber die Wahrheit war: Es war wieder nur eine Ablenkung. Die wirklichen Probleme, die tiefer liegenden emotionalen Wunden, blieben unberührt. Es dauerte nicht lange, bis ich merkte, dass all die alten Muster wiederkamen, und mit ihnen auch das Gewicht. Trotz der ketogenen Ernährung nahm ich erneut 25 kg zu.
Das war der Moment, in dem ich erkannte: Es geht nicht nur um das, was wir essen oder wie wir uns körperlich pflegen. Wenn wir unsere emotionalen Themen nicht angehen, wird unser Körper immer wieder Signale senden, egal welche Diät oder Behandlung wir ausprobieren.
Der Wendepunkt – Vom Überlebensmodus zur Selbstfürsorge
Vielleicht erkennst du dich in meiner Geschichte wieder. Vielleicht spürst du schon lange, dass dein Körper dir Signale sendet, die du ignorierst. Die gute Nachricht ist: Es ist nie zu spät, diese Signale ernst zu nehmen. Du kannst aus dem Krisenmodus herausfinden. Es beginnt mit kleinen Schritten – dem ersten tiefen Atemzug, dem ersten Moment, in dem du deinem Körper wirklich zuhörst.
Während meiner Zeit als IT-Projektleiterin führte mich mein Drang, anderen zu gefallen, in einen Burnout. Ich hatte das Gefühl, ich müsse alles perfekt machen, und konnte nicht abschalten. Mein Körper reagierte mit Schlafstörungen, Reizbarkeit und emotionaler Erschöpfung. Ich fühlte mich leer, doch ich machte weiter – bis mein Körper eines Tages nicht mehr konnte.
Dieser Moment zwang mich, innezuhalten. Ich begann, bewusster auf meinen Körper zu hören. Es war nicht leicht, sich einzugestehen, dass ich jahrelang versucht hatte, meine Emotionen zu verdrängen, um stark zu wirken. Doch diese Verdrängung war genau der Grund, warum mein Körper letztlich zusammenbrach.
Selbstreflexion: Dein Körper und deine Emotionen
Ein wichtiger Schritt, um die Verbindung zwischen Körper und Emotionen zu verstehen, ist die Selbstreflexion. Journaling kann dir dabei helfen, Klarheit zu gewinnen. Nimm dir Zeit und stelle dir Fragen wie:
- Welche körperlichen Symptome nehme ich wahr?
- Wann fühle ich mich besonders erschöpft oder überfordert?
- Gibt es emotionale Erlebnisse, die ich verdrängt habe?
- Wie fühlt sich mein Körper in Ruhe an? Gibt es Anspannung oder Verspannungen?
Durch das Schreiben lernte ich, eine Sprache für meinen Körper zu finden. Es half mir, Klarheit darüber zu gewinnen, wie meine emotionalen Themen mit meinen körperlichen Beschwerden zusammenhängen. Indem ich meine Gedanken und Gefühle aufs Papier brachte, oder auch hier in den Blog, konnte ich tiefer in meine emotionalen Wunden schauen.
In meinem eigenen Prozess habe ich entdeckt, dass der Körper und die Emotionen eng miteinander verbunden sind. Jeder Schmerz, jedes Symptom trägt eine Botschaft in sich, die darauf wartet, gehört zu werden. Indem du den Mut findest, hinzuhören, kannst du lernen, dich selbst auf einer tieferen Ebene zu verstehen und dein Nervensystem zu beruhigen.
Unterstützung auf deinem Weg – Wie du den Weg zur Balance findest
Die Reise zu mehr emotionaler und körperlicher Balance kann herausfordernd sein, aber du musst sie nicht alleine gehen. Es gibt viele Wege, dein Nervensystem zu beruhigen und emotionale Wunden zu bearbeiten. Es beginnt damit, auf die Signale deines Körpers zu hören und ihn nicht weiter zu ignorieren.
Es ist kein linearer Prozess – es wird Höhen und Tiefen geben. Aber der erste Schritt ist immer, dir selbst zuzuhören, deinem Körper zuzuhören und ihm zu erlauben, dir zu zeigen, was er braucht. Die Unterstützung durch therapeutische Ansätze, Coaching und Selbstfürsorge-Praktiken kann dir dabei helfen, dein Leben wieder in Balance zu bringen.
Wenn Du magst, begleite ich dich gern als Coach auf deinem Weg. Schau gerne auf meine andere Webseite: www.karen-wiltner.de.
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