In unserer Facebook-Community wurde intensiv diskutiert, ob denn eine ketogene Ernährung nur mit Planung und Überwachung der Ketose zum optimalen Erfolg führt. Also mit ständiger Kontrolle der Nährwerte, dem Führen von Kalorientabellen und dem Messen von Ketonwerten.
Bei meinen ersten Versuchen mit ketogener Ernährung habe ich mir diese Fragen ebenso gestellt. Und ich muss zugeben, dass ich von dieser ganzen Rechnerei schon etwas fasziniert war. Bis ich dann feststellen musste, dass das durchaus auch eine Art von Eßstörung ist. Und das wollte ich ja nun gerade vermeiden …
Worum es in diesem Artikel geht
Zuallererst geht es nochmal einen Schritt zurück und wir schauen uns gemeinsam an, was Ketonkörper eigentlich sind und wie sie gebildet werden. Dann möchte ich Dir erklären, welche Möglichkeiten es zur Messung dieser Ketonkörper gibt. Das benötigst Du um entscheiden zu können, ob Du all diese Werte-Messerei überhaupt benötigst für Dein ketogenes Leben.
Was sind Ketonkörper?
Es gibt drei verschiedene Ketonkörper, die im Körper gebildet werden: Aceton, Acetoacetat und Beta-Hydroxybutyrat. Nur Acetoacetat und Beta-Hydroxybutyrat haben Bedeutung für die Energiegewinnung.
Die wichtigsten Organe lernen sehr schnell, Ketonkörper statt Glucose zu nutzen. Doch die gesamten Stoffwechselprozesse auch mit Ketonkörpern wieder optimal so zu gestalten, dass auch eine Gewichtsabnahme drin ist, dafür benötigt unser Körper mehrere Monate.
Anfangs steht man oft vor der Frage: Bin ich nun in Ketose, oder bin ich nicht in Ketose? Wie fühlt sich das an? Mit Beginn der Ketose steigt die Körpertemperatur um etwa 0,5 Grad an, man hat meist ein geringeres Schlafbedürfnis und vor allem weniger Hunger. Wenn man aus der Ketose fällt und dann wieder reinkommt, merkt man das oft an einem komischen Geschmack im Mund, die Zunge fühlt sich dann etwas pelzig an. Es gibt auch noch weitere Symptome, das ist bei jedem verschieden.
Wenn man im Laufe der Zeit sein Körpergefühl etwas verlernt hat ist es manchmal hilfreich, die Ketose auch zu messen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Konzentration der drei verschiedenen Ketonkörper zu messen.
Ketosemessung
Ketosticks – Messung im Urin
Gedacht sind diese Teststreifen eigentlich für Diabetiker, bei denen ja die Gefahr einer Ketoazidose besteht. Sie messen Acetoacetat, das unverbraucht über den Urin wieder ausgeschieden wird.
Mit fortlaufender Keto-Adaption lernt der Körper immer besser, nur so viele Ketonkörper zu produzieren, wie er auch wirklich braucht. Daher ist nach einer Weile nur noch wenig oder kein unverbrauchtes Acetoacetat im Urin mehr bestimmbar.
Gemessen werden sollte jeweils morgens nach dem Aufstehen, beim ersten Toilettengang. Es geht dabei nicht darum, einen besonders hohen Wert zu erreichen, sondern nur ob die Streifen überhaupt etwas anzeigen oder nicht.
Mit dieser Messmethode kann keine Aussage über die Qualität der Ketose getroffen werden. Trinkt man zum Beispiel zu wenig, ist die Konzentration der Acetone im Urin sehr hoch. Ein hoher Wert kann ebenso bedeuten, dass der Insulinspiegel wieder gestiegen ist und dadurch die mühsam produzierten Ketonkörper ungenutzt wieder ausgeschieden werden. D.h. ein über den Urin gemessener Wert muss nicht zwingend bedeuten, dass man sich auch (noch) in Ketose befindet.
Insgesamt ist diese Messmethode sehr kostengünstig und für Anfänger durchaus geeignet, die einfach mal schauen wollen, wie das so funktioniert. Für eine langfristige Anwendung sind die Teststreifen allerdings zu ungenau.
Ketonix – Messung im Atem
Der Ketonix ist ein Gerät, welches Aceton im Atem misst.
Mit dem Ketonix kann man – wenn an den PC oder eine Powerbank angeschlossen – den Ketonwert jederzeit messen. Früh, nach dem Essen, vor dem Essen, vor dem Schlafen. Wann immer man will, und das jedes Mal ohne Pieksen wie beim Blutmessgerät, und auch ohne ständig neue Teststreifen kaufen zu müssen.
Man muss lediglich nach dem Starten der Software so lange wie möglich in den Ketonix reinpusten. So lange wie möglich heißt 30 Sekunden oder länger, bis die letzte Luft aus der Lunge raus ist (die Acetone sitzen tief in der Lunge). Anschließend kann man an der Farbe des blinkenden Ketonix oder der Zahl in der Software den Wert ablesen.
- Blau = keine (gute) Ketonkörperverwertung
- Gelb = naja, geht so
- Rot = gute Ketonkörperverwertung
Werte über 75 (rot) gelten als Indikator für eine sehr gute Ketonkörperverwertung. Werte im roten Bereich bedeuten eine gute ketogene Anpassung. Die Daten korrelieren auch ungefähr mit dem Blutzuckerspiegel.
Die Verwendung des Ketonix ist sinnvoll, wenn man nicht nur wissen möchte, wie viele Ketonkörper dem Körper zur Verwendung im Blut zur Verfügung stehen, sondern wie viele tatsächlich verbraucht wurden und wie es um die Keto-Adaption steht. Außerdem kann man gut seine Werte überprüfen, ohne sich dabei jedesmal in den Finger pieksen zu müssen. Manch einer mag das ja nicht so …
Mit einer Powerbank kann man den Ketonix auch gut mitnehmen und unterwegs messen. Lediglich die Werte werden dann eben nicht in der Software gespeichert.
Die Anschaffungskosten eines Ketonix sind sehr viel höher als bei den Urin-Teststreifen oder einem Blutmessgerät. Jedoch muss man gerade beim Blut-Messen ja auch ständig die teuren Ketone-Teststreifen nachkaufen, die jetzt auch nicht gerade billig sind. Wenn man vorhat länger dabei zu bleiben, lohnt sich die Anschaffung allemal. Vor allem auch dann, wenn den Ketonix vielleicht mehrere in der Familie nutzen.
Inzwischen gibt es auch noch weitere Geräte für die Messung der Ketose im Atem:
Ich habe mir auch eines zugelegt und bin mit den Ergebnissen ganz zufrieden. Vermutlich sind die Werte nicht so genau wie im Blut, aber sie geben immerhin einen guten Anhaltspunkt und es werden keine kryptischen Werte angezeigt wie beim Ketonix, sondern es wird wie bei der Messung im Blut in mmol/l umgerechnet.
Messung der Ketone im Blut
Dies ist die genaueste Messmethode, da nicht die Acetone oder Acetoacetate, sondern die Beta-Hydroxybutyrate gemessen werden. Gerade für Personen, die eine ketogene Ernährung sehr genau nehmen müssen, empfiehlt sich eine Messung per Blut.
Man misst morgens auf nüchternen Magen direkt nach dem Aufstehen die Werte. Es macht Sinn, diese ab und an mit dem Atemgerät und/oder dem Blutzucker zu vergleichen. Eine häufigere Messung ist meines Erachtens nicht notwendig, insbesondere da die Teststreifen doch sehr teuer sind.
Der Ketonwert im Blut wird in mmol/l gemessen und hat verschiedene Wertebereiche (Quelle):
- Ab 0,5mmol – leichte Ketose
- 1.0 – 3.0 mmol – optimaler Bereich für die ketogene Anpassung
- 3.0 mmol – deutet auf intensiven Sport oder Fastenketone
- über 10 mmol – Gefahr einer Ketoazidose (nur möglich bei Diabetes Typ 1)
Steigen die Ketonwerte bis zu einer bestimmten Obergrenze an, dann schüttet der Körper Insulin aus und die Ketonproduktion wird gehemmt. Daher ist die Ketoazidose bei einem gesunden Menschen auch nicht möglich.
Die schnellste ketogene Anpassung erreicht man bei einem dauerhaften Wert über 2.0mmol, mit einer sorgfältigen Auswahl seiner Nahrungsmittel oder durch Verwendung von MCT Öl* .
Braucht man das denn alles?
Muss man unbedingt messen, um in Ketose zu kommen?
Nein, man muss die Ketonkörper nicht unbedingt messen. Man bekommt mit der Zeit auch ein Körpergefühl dafür, ob man in Ketose ist oder nicht.
Ich sehe die Messung allerdings als ein gutes Mittel, um die Reaktion des Körpers zu testen und damit versteckte Nahrungsmittelunverträglichkeiten herauszufinden zu können. Verträgt der Körper etwas nicht, reagiert er mit der Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, welches wiederum zu einer Insulinreaktion und damit zu einer Absenkung der Ketonkörperproduktion führt.
Die Eliminierung vorhandener Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist notwendig, wenn man zum Beispiel mit Hashimoto oder Lipödemen Verbesserungen erzielen möchte.
Muss man in Ketose sein, um ketogen zu leben?
Nein, das muss man nicht. Wenn Du mit dem ganzen Mess- und Zählkrams nichts anfangen kannst und Dich auch nicht irgendwelchen strengen Regeln unterwerfen willst (was ich völlig in Ordnung finde!), dann kannst Du auch einfach ketogen essen / leben, ohne auf die Ketose zu achten.
Das bedeutet dann, so bis etwa 50g Kohlenhydrate zu essen und eben nicht, unbedingt unter 30g KH oder noch weniger zu bleiben. Dazu weiterhin moderat Eiweiß (Empfehlung 1g EW pro kg Normalgewicht) und eben den Rest der benötigten Energie in Fett.
Gehörst Du zu denen, die durch die Ketose so sehr aufgedreht sind, dass sie nicht mehr schlafen können? Deine täglichen Kohlenhydrate kannst Du dann klug dosieren, um eben nicht in Ketose zu kommen. Wenn es dann doch mal passiert, kannst Du abends noch ein paar Beeren essen, damit Du auch schlafen kannst.
Eine Ketose kann allerdings bei Vorliegen verschiedener Erkrankungen notwendig sein, um die gewünschten Ergebnisse erzielen zu können.
Muss man in Ketose sein, um Fett zu verbrennen?
Nein, das muss man nicht. Aber es erleichtert die Sache ungemein. Um Fett verbrennen zu können, ist ein niedriger Insulinspiegel notwendig, da Insulin die Freisetzung von Fettsäuren aus den Fettzellen hemmt. Das funktioniert auch mit LCHF (bis 50g KH), die Ketose ist dafür nicht notwendig.
Eine ketogene Ernährung reduziert bestehende Entzündungen und hemmt neue. Ketonkörper können unabhängig von Insulin in die Zelle transportiert werden und können so auch bei einer Insulinresistenz der Zellen eine ausreichende Energieversorgung sicherstellen und Mangelzustände beseitigen. (Mehr Infos hier)
Muss man Kalorien zählen, wenn man ketogen leben will?
Nach meiner ganz persönlichen Ansicht ist es nicht notwendig, Kalorien zu zählen, dafür aber Nährstoffe. Es ist wichtiger, auf die Makronährstoffe (KH, Eiweiß, Fett) zu achten.
Und für das Kaloriendefizit schreibe ich nochmal einen extra Artikel. Nur so viel vorab: Wenn man weniger Energie in Form von Nahrung zu sich nimmt, ist der Körper intelligent genug, auch weniger Energie zu verbrauchen. Die Folgen von langfristigem Kaloriendefizit sind massiv: verlangsamter Stoffwechsel, Einschränkung der Hormonproduktion, Abbau von Muskelmasse.
Ich hoffe, der Überblick über die vorhandenen Messmethoden gibt Dir eine Möglichkeit, für Dich zu entscheiden, ob Du messen möchtest oder nicht, und wenn mit welcher Methode.
Wenn Du noch weitere Fragen hast, nutze gerne die Kommentarfunktion.
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