Iran. Aufmerksame Leser meines Blogs wissen, dass meine Tochter und ich direkt nach dem Osterwochenende eine einwöchige Reise in den Iran unternommen haben. Seit einer Weile sind wir bereits wieder zu Hause, und es wird so langsam Zeit, darüber zu berichten. Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich weiß noch nicht einmal, was ich schreiben soll. Also fange ich einfach an und schaue, was daraus wird.
Einige Gedanken vorab
Vor einiger Zeit schrieb ich den Artikel Wenn die Seele ihren Frieden findet und berichtete von unserem Entschluss, diese einwöchige Reise in den Iran anzutreten. Die Reaktionen darauf waren – wie erwartet – sehr unterschiedlich. Ich möchte mich auch im Namen meiner Tochter bei allen für ihren Zuspruch bedanken, und ganz besonders bei allen, die uns tatsächlich finanziell dabei geholfen haben. Wir waren und sind noch immer sehr gerührt über Eure Unterstützung! Vielen, vielen Dank!
Vorurteile gegenüber Anderssein
Natürlich gab es nicht nur positive Reaktionen. Ich weiß, es gibt Menschen, die wünschen mir tatsächlich nur schlechtes. Doch dass selbst meinen Kindern empfohlen wurde, den Kontakt zu mir abzubrechen, weil ich nicht mehr normal wäre und doch bitte erst einmal mein Leben auf die Reihe kriegen solle, das war schon ein starkes Stück. Ja, das ist wirklich so passiert, sogar im direkten Umfeld. Nicht über die sozialen Medien. Unglaublich, aber wahr.
Die Menschen beurteilen andere immer nach sich selbst – und manchmal ist ihre Meinung von Vorurteilen und Ängsten geprägt.
Paulo Coelho – „Der Weg des Bogens“
Es gibt Menschen, die beurteilen andere nur nach Hautfarbe, Macht, Status und der Höhe des Bankkontos. Bei vielen Menschen ist die erste Frage „was arbeitest Du?“ – nach der Antwort wird dann bestimmt, ob man es zu etwas gebracht haben kann oder nicht, und ob man eben etwas wert ist oder nicht. Für viele Menschen ist jemand, der nicht studiert hat, weniger wert als jemand mit einem Hochschulabschluss. Mit einem solchen Denken bin ich aufgewachsen. Und so denken viele in Deutschland.
Sich eine eigene Meinung zu bilden ist wichtig
Es gibt Menschen, die beurteilen andere nur nach dem, was sie aus den Medien kennen. Sich nur an den Nachrichten aus den Medien zu orientieren ist einfach, das eigene Denken erübrigt sich. Doch es ist wie mit meinem Blog: Medien lassen einen nur ausgewählte Dinge wissen. Ich schreibe hier ja auch nicht alles. Vieles, aber eben nicht alles. Wer hinter die Kulissen schauen möchte, muss mich schon persönlich kennenlernen wollen.
Ich bin anders, ich werde immer anders sein. Und das ist gut so. Ich glaube nicht immer sofort alles, was man mir an Informationen präsentiert. Ich möchte mir meine eigene Meinung bilden.
Nicht immer gefällt allen, was ich in meinem Blog schreibe. So wird das auch zukünftig sein. Ich weiß das bei jedem Artikel, den ich veröffentliche. Auch wenn ich viel persönliches hier in meinem Blog preisgebe, so ist es immer nur das, was ich auch in einem persönlichen Gespräch erzählen würde. Nicht mehr, und nicht weniger. Ganz persönliche Gedanken aus meinem Leben behalte ich auch weiterhin für mich. So wird das auch jetzt hier bei diesem Artikel sein.
Wenn ich schreibe, schreibe ich für mich. Die Reaktion darauf ist Sache des Lesers. Es ist nicht meine Aufgabe, ob Menschen es mögen oder nicht.
Unsere Reisevorbereitungen für den Iran
Den Entschluss, in den Iran zu fahren, hatte ich innerlich schon vor einiger Zeit getroffen. Doch auch ich hatte jede Menge Vorurteile, Ängste und Zweifel, mit denen ich mich vorher noch auseinandersetzen musste. Wenn man sich mit so etwas beschäftigt, werden die zum ersten Mal so richtig bewusst.
Vorurteile an sich sind nichts schlechtes. Sie helfen uns dabei, uns in dieser Welt zurecht zu finden, so blöd das klingen mag. Dazu empfehle ich diesen Artikel über gute und schlechte Vorurteile. Wichtig ist, diese Vorurteile zu hinterfragen und seine Ansichten zu revidieren, wenn die Zeit dafür reif ist, und nicht auf ihnen zu beharren und ungerechtfertigte und auf falschen Informationen basierende Urteile daraus werden zu lassen. Es ist kein Zeichen von Schwäche, seine Meinung zu ändern. Im Gegenteil.
Bücher und Erfahrungsberichte über den Iran
Auch Zweifel sind nichts schlechtes, es kommt immer darauf an, wie man damit umgeht, ob man daraus eine Angst entstehen lässt oder nicht. Bei jedem auch noch so kleinen Zweifel, der sich in den Wochen und Monaten vor unserer Reise bei mir auftat, fing ich an, mich zu informieren, um mir meine eigene Meinung zu allem zu bilden. Oder ich habe einfach unseren Gastgeber mit allen Fragen gelöchert. Er war bestimmt manchmal ziemlich genervt davon …
Reisen ist niemals eine Frage des Geldes, sondern des Mutes.
Paulo Coelho
Hauptsächlich habe ich mir Bücher besorgt und diese gelesen. Gerade beim Lesen des Buches „Das verlorene Kopftuch“ sind schnell viele Zweifel verschwunden. Und mir wurde klar, dass es mir vermutlich genauso ergehen würde wie der Autorin. Ich würde mich in den Iran verlieben, mein Herz würde überlaufen und gleichzeitig würde ich sprachlos und unruhig sein. Ich wusste, diese Reise würde eine Herausforderung für uns werden, ganz besonders danach.
Das für mich größte Thema war tatsächlich das Kopftuch. Ich trage im Winter noch nicht einmal gerne Schal und Mütze, und da sollte ich jetzt den ganzen Tag mit Kopftuch rumlaufen? Schon der Gedanke daran ging gar nicht. Aber wie sagt man: „Wer das eine will, muss das andere mögen“. Also habe ich schon viele Wochen im Voraus im Internet die verschiedensten Schals in schönen Farben bestellt, um zu probieren, ob und wie man die tragen kann. Und, um meine Tochter und mich irgendwie an den Gedanken zu gewöhnen. Ändern kann man die Gesetze im Iran ja nicht einfach so.
Vieles können wir uns nicht im Ansatz vorstellen
Beim Lesen der Bücher merkte ich schnell, dass ich noch viel lernen muss, und dass nichts so sein wird, wie ich es mir vorstellen würde. Wir lernen in Deutschland einfach viel zu wenig über den Nahen oder Mittleren Osten, den Orient, über den Islam oder ganz speziell über den Iran. Bereits aus Gesprächen wusste ich, dass Iraner quasi die gesamte Geschichte ihres Landes aus den letzten 2.500 Jahren auswendig kennen, wo wir Deutschen oft schon zu tun haben, die Jahresdaten des ersten Weltkrieges oder aber die Namen unserer Bundeskanzler korrekt sagen zu können. Auch das Wissen über die Bibel ist gerade in den neuen Bundesländern doch eher begrenzt, um nicht zu sagen fast nicht vorhanden. Für etwas mehr Einblick in die Geschichte des Irans lohnt sich folgendes Buch:
Wenn man mit Iranern sinnvoll über deren Geschichte philosophieren kann, hat man auf jeden Fall ganz viele Pluspunkte gesammelt. Etwas Interesse an der persischen Sprache (auch „farsi“ genannt) hilft auch ungemein, darüber freuen sich die Iraner sehr.
Hör auf Dein Herz!
Nach all den Büchern war ich noch immer etwas unsicher und habe mir gesagt: „Du musst es selbst sehen. Erst dann weißt Du, was von all den Vorurteilen, Geschichten und geschürten Ängsten tatsächlich wahr ist.“
Wirklich Angst hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Wie auch … Ich wusste bereits im Voraus, wie sehr sich unsere Gastfamilie im Iran darauf freut, uns kennenzulernen. Unser Gastgeber hat keine Mühen gescheut, uns das glaubhaft wissen zu lassen.
Hör auf Dein Herz. Dein Verstand wird Dich niemals glücklich machen.
Iraner sind für ihre herzliche Gastfreundschaft bekannt, was sollte also schlimmes passieren? Für mich stellte sich nur immer wieder die Frage: Werde ich mich auch immer richtig verhalten? Wie viele Fettnäpfchen erwische ich? Welche Missverständnisse wird es geben? Wie soll das nur mit der Verständigung alles funktionieren? Die Sprache ist das eine, kulturelle Unterschiede das andere …
Der Weg in den Iran
Iran ist kein Land, in das man einfach so mit dem Personalausweis fliegen kann. Da ich bisher nie außerhalb der Grenzen der Europäischen Union unterwegs war, mussten wir uns zunächst einen Reisepass organisieren. Dann die große Frage: Wie funktioniert das mit einem Visum? Hier findet man im Internet ganz unterschiedliche Informationen. Ich habe mich an den Informationen von backpacker-dude.com orientiert. Damit wir ohne Sorge um das Visum fliegen konnten, habe ich vorab das Visum online beantragt. Es gibt einfach doch zu viele Stories, dass man dann vom Flughafen Teheran wieder nach Hause geschickt wird. Das Risiko wollte ich nicht eingehen. Ganz so mutig bin ich dann doch nicht.
Wohin du auch gehst, gehe mit ganzem Herzen.
Konfuzius
Reisepläne hatten wir keine, nur für Teheran hatten wir zwei Orte, die wir besuchen wollten. Ansonsten wollten wir uns überraschen lassen und jeden Tag auf uns zukommen lassen. So kennen wir das aus allen anderen Urlauben früher auch.
Entspannt reisen ohne Erwartungen
Auch Erwartungen hatten wir so gut wie keine. Wir konnten uns eh nicht vorstellen, wie eine Reise in den Iran aussehen würde.
Den Flug haben wir ab Berlin-Schönefeld mit Pegasus, einer türkischen Airline gebucht. Dabei hatten wir einen Zwischenaufenthalt in Istanbul von etwa 6 Stunden (auf dem Rückweg waren es nur 3 Stunden). Es gibt einen Direktflug der Lufthansa ab Frankfurt/Main, doch da ist der Flug sehr teuer, und wir müssen ja von Dresden auch irgendwie nach Frankfurt reisen. Da ist für uns tatsächlich Berlin die bessere und günstigere Option. Mit dem Gepäck gab es übrigens keine Probleme, da der Anschlussflug mit der gleichen Airline erfolgte, brauchten wir uns um nichts kümmern. Die Koffer wurden ohne unser Zutun von Flugzeug A nach Flugzeug B transportiert.
Was für mich sehr interessant war: Wir waren zu keinem Zeitpunkt unserer Reise so richtig aufgeregt, obwohl wir ja das erste Mal soooo weit weg flogen und noch dazu jemanden treffen würden, den wir nicht kennen. Doch es fühlte sich sowohl für meine Tochter als auch für mich so an, als wäre es ein ganz normaler Urlaub, den wir schon seit Jahren so machen. Als wäre alles nichts Neues und wir würden alles schon seit Ewigkeiten kennen.
Teheran
Mitten in der Nacht kamen wir pünktlich in Teheran auf dem Flughafen an, organisierten unser Visum und holten das Gepäck ab. Die Erteilung des Visums am Flughafen glich ein wenig dem, wie ich mir einen Basar vorstellte … Ein Mitarbeiter im Visa-Office organisierte alle Personen in einer Reihe, fragte wild gestikulierend ab, woher man kommt, welche Dokumente man dabei hat und verteilte die Leute entsprechend. Dann sollten wir zu einem Schalter gehen, die Visa-Gebühren bezahlen. Im Anschluss bekam ich unsere Pässe abgenommen, ohne dass ich wusste wie es weitergeht. Insgesamt hat das Prozedere vielleicht 15 Minuten gedauert, da ich ja die Visa-Bestätigung schon vorab hatte und auch keine Dokumente fehlten. Das Visum haben wir dann problemlos bekommen, auch wenn das alles sehr undurchsichtig und leicht chaotisch war.
Wir wurden von unserem Gastgeber und seinem Freund abgeholt. Die Verständigung gestaltete sich sehr interessant, da unsere Dolmetscherin leider nicht da war und erst einige Stunden später zu uns kommen würde. So haben wir uns einfach weiter unterhalten wie bisher: mit Google Translator und ab und an etwas Englisch. Ist nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Auf jeden Fall war es lustig und auch etwas angespannt.
Ankunft im Hostel
Wir haben dann früh etwas gegessen und unser Zimmer im Hostel bezogen. Wir waren ein klein wenig müde und beschlossen, für zwei Stunden zu schlafen. Das musste reichen, bevor wir zu unserem Rundgang in der Stadt Teheran aufbrachen. Wir hatten nicht viel Zeit für unsere Iran-Reise, also wollten wir auch keine Zeit unnütz mit schlafen verschwenden. Ab diesem Zeitpunkt waren wir mit einer Dolmetscherin unterwegs, die uns jeden Tag rund um die Uhr begleitete.
Auf dem Weg zum Golestan Palast ging es vorbei an einem Restaurant mit interessanter Fassade, einem Parlamentsgebäude, das aussieht wie eine Pyramide, und vielen kleinen Moscheen. Im Golestan-Palast selbst waren wir von den Spiegeln und dem Prunk etwas erschlagen. Auf den Straßen Teherans ist nicht zu übersehen, wie kaputt die Häuser sind, und dann erwartet uns so ein prunkvoller Palast? Wie so vieles andere passte das für uns nicht ganz zusammen. Es war schön und verwirrend zugleich.
Der Detailreichtum der Architektur in Iran ist faszinierend, nicht nur in Teheran. Es zeigt die Liebe zum Detail, und ist doch so unwirklich, wenn viele Gebäude in der Umgebung zu kaputt sind. Faszinierend und verwirrend zugleich, wie so vieles im Iran.
Autos, Taxis und Luftverschmutzung …
Autos, Taxis, Straßenverkehr und Luftverschmutzung in Teheran, darüber kann man glaube ich Bücher mit unendlichen Geschichten schreiben. In Teheran haben wir gelernt, wie man trotz dicht befahrener Straße (wenn es 3 Fahrstreifen gibt, machen die Iraner mal eben 5 Spuren draus) als Fußgänger unbeschadet die Straße überquert. Einfach losgehen, mutig sein sein und darauf hoffen, dass nichts passiert. Irgendjemand wird schon anhalten und Dich über die Straße gehen lassen. Hat bisher auch super geklappt!
Für jemanden aus Deutschland bedeutet das tatsächlich Stress. Wir haben hier Fußgängerampeln, bei denen wir bei Rot sogar dann stehen bleiben, wenn nirgends ein Auto kommt. Auch halten (fast) alle Autos auch wirklich bei Rot an. Im Iran sind Ampeln irgendwie eher eine Dekoration oder so.
Traffic ist untertrieben – Straßenverkehr in Teheran
Der Straßenverkehr funktioniert schon wirklich SEHR anders im Iran. Ich weiß nicht, ob ich in Teheran jemals Auto fahren könnte. Und ich war früher mal Taxifahrerin!
Die besten Entdeckungsreisen macht man, indem man die Welt mit anderen Augen betrachtet.
Marcel Proust
Taxis … Ich war ziemlich erschrocken, als ich in einem Taxi eine sehr abenteuerliche Installation eines Gastanks im Kofferraum entdeckte. Dass das eine recht gefährliche Angelegenheit ist, ist den Taxifahrern durchaus bewusst.
Alles ist anders 🙂
Man sieht in Teheran kaum Autos ohne Beulen, ich glaube, das gehört da einfach dazu. Wenn in Deutschland ein Auto oder gar ein Taxi eine Beule hat, geht es sofort in die Werkstatt. Im Iran stört sich daran niemand. Genauso wie es normal scheint, dass ein Kofferraum eines Taxis eher weniger für Koffer und Taschen da ist, sondern mehr für Müll und Einkäufe des Fahrers. Man stelle sich das mal in Deutschland vor!!!
Wir hatten da auch eine sehr „interessante“ Begegnung mit einem Taxifahrer. Wir hatten unsere Koffer im Kofferraum seines Taxis verstaut. Er wurde daraufhin wütend, schrie uns an, forderte uns auf, die Koffer wieder aus dem Kofferraum zu räumen und fuhr davon. Uns ist bis heute nicht klar, warum. Auch Iraner haben wohl mal einen schlechten Tag, auch wenn man sie – ganz im Gegensatz zu Deutschen – so ziemlich den ganzen Tag nur lächelnd sieht.
Fragen und verwunderte Blicke
Eine Frage stellten wir uns immer wieder: Warum haben Iraner eigentlich fast nur weiße Autos? Die Theorien darüber gehen auseinander. Die einen sagten uns, Iraner waschen ihre Autos nicht sehr oft, und auf weißen Autos würde man den Dreck nicht so schnell sehen. Die anderen meinten, es wäre wegen der Wärme, weil die weiße Farbe die Hitze besser abhält. Wer hat weitere Ideen?
Was ich auch vergessen habe zu fragen: Warum lassen Iraner an ihren Autos eigentlich die ganzen Schutzfolien dran? Also Schutzfolien an Armaturenbrett, Sonnenschutz und so weiter. Hat das einen besonderen Sinn? Ich habe das in fast jedem Auto beobachten dürfen. Sehr interessant… Ob man dann die Autos besser wieder verkaufen kann? Ich habe keine andere Idee.
Luftverschmutzung in Teheran
Die Luft in Teheran ist wirklich ganz übel verschmutzt. In den letzten beiden Tagen unserer Reise war es so schlimm, dass ich kaum atmen konnte. Ich habe dann teilweise mein Kopftuch als Mundschutz verwendet, was aber auch nur ein klein wenig geholfen hat. Es gibt hier keine Euro-5 oder Euro-6-Norm, keine Umweltplaketten oder ähnliches. Benzin ist billig, und so fährt jeder mit dem Motorrad oder mit dem Auto. Dementsprechend stinkt es auch.
Es wäre tatsächlich hervorragend, wenn die Iraner eine Lösung für dieses Umweltproblem finden könnten. Für mich wird es vermutlich immer bedeuten, einfach schnell wieder aus Teheran zu fliehen, um atmen zu können. An den anderen Orten, die wir besucht haben, war es nicht so schlimm. Aber dort war auch nicht so viel Verkehr.
Teheran bei Nacht
Bereits vor unserer Reise hatte ich einige wenige Ziele herausgesucht, die wir uns unbedingt ansehen wollten. Die beleuchtete Tabiat-Brücke (Tabiat = Natur) gehörte dazu.
Auch wenn wir dann an diesem ersten Abend gegen 22 Uhr doch sehr ernsthafte Müdigkeitserscheinungen zeigten, war der Anblick dieser riesigen Metropole Teheran und der wunderschönen Tabiat-Brücke atemberaubend. Einer der vielen kleinen Momente, die mir Gänsehaut bescherten. Trotz Verkehrslärm und schlechter Luft.
Was uns erst später klar wurde: Iraner lieben es, alles in ihren Städten bunt zu beleuchten. Egal, wo wir hinkamen, irgendwas war immer bunt beleuchtet.
(Ketogen) Essen im Iran
Eine Frage, die sicherlich vielen auf der Zunge liegt: Wie funktioniert das mit Keto im Iran, wo es doch alles mit Reis oder mit Brot gibt? Die Antwort ist einfach: Es funktioniert sehr gut. In Restaurants wird der Reis immer extra bestellt, so dass man sich ganz bequem sein Essen auch ohne Reis zusammenstellen kann. Für uns gab es also meist Kebab (Fleischspieß – am leckersten ist Safranhähnchen!), dazu Salat oder Gemüse. Die Iraner haben da durchaus sehr viel leckere Auswahl. Jedes Mal gab es für uns noch extra Butter dazu.
Gefühlt waren wir im Iran immer am Essen. Kaum waren wir mit der einen Mahlzeit fertig, wurde bereits wieder etwas anderes hingestellt. Süßigkeiten oder auch Gemüse-Snacks. Ich habe tatsächlich im Iran 2kg zugenommen …
Da ich ja bereits vorher schon einige persische Gerichte probiert habe und wusste, wie hervorragend die persischen Gerichte schmecken, habe ich es mir nicht nehmen lassen, auch wirklich alles wenigstens zu probieren. Natürlich auch den Safranreis zum Ghormeh Sabzi, das selbstgebackene Brot, selbstgebackene Süßigkeiten und alles andere. Ja, auch Ash, die persische Nudelsuppe mit Kichererbsen. Hier war es mir dann egal, ob es ketogen war oder nicht. Ich hatte für mich auch nicht geplant, das alles so streng zu sehen. Es wurde alles probiert, was es zu essen gab, und es war alles suuuper lecker.
Hier haben wir übrigens eine deutsch-persische Wortkombination erfunden: kheyli lecker. Kheyli (خیلی ) heißt „sehr“, und kheyli lecker heißt dann entsprechend „sehr lecker“. Ein bißchen Spaß muss sein 🙂
Unsere Gastfamilie wusste, dass wir ketogen essen und sie haben sich entsprechend darauf eingestellt. Es gab für uns immer extra viel Gemüse und Butter. Darüber haben wir uns riesig gefreut! Es war uns eine Freude und ein Vergnügen, alle anderen leckeren Gerichte auch zu probieren. Spätestens jetzt waren wir dann endgültig in den Iran verliebt. Die persische Küche ist bekannt dafür, dass sehr viel mit Safran, frischen Kräutern und Gewürzen gekocht wird, so dass das Essen ein aromatischer Genuss ist.
Ich vermisse das Essen im Iran … nicht nur weil es so lecker ist, sondern weil es eine wunderbare Atmosphäre ist, so in Familie zusammenzusitzen … Auch wenn es auf den Boden ist und irgendwann doch mal die Knie weh tun.
Bastani Sonati – Akbar Mashti
Weil es gerade so schön passt … natürlich haben wir im Iran auch echtes Bastani Sonati (Akbar Mashti) Eis probiert. Schließlich wollte ich ja wissen, ob das Rezept in meinem Blog für das Bastani-Eis auch halbwegs richtig schmeckt. Und was soll ich sagen: Ja! Da bin ich dann schon richtig stolz auf mein Rezept. Das einzige, was ich nicht gemacht habe, sind diese kleinen Eisstückchen, das war mir zu aufwendig.
Schal, Kopftuch und Tschador
Das Thema, das sicherlich auch viele bewegt: Das Kopftuch. Es ist Gesetz im Iran, dass eine Frau ein Kopftuch tragen muss, in irgendeiner Form. Als Schal, als Kopftuch, als Hijab, Tschador oder was auch immer. Und wie ich anfangs geschrieben hatte, bereitete mir das Thema auch die meisten Kopfzerbrechen.
Reisen bedeutet Grenzen zu überschreiten, auch die eigenen.
Wanda Rezat
Tatsächlich aber war es ab der ersten Minute im Iran kein wirkliches Problem. Natürlich wäre es ohne Schal um den Kopf angenehmer und schöner gewesen, vor allem an den etwas wärmeren Tagen. Doch dadurch, dass alle Frauen im Iran einen Schal, ein Kopftuch oder einen Tschador tragen, fühlte man sich nicht fremd. In Deutschland fällt man auf, wenn man ein Kopftuch trägt, im Iran nicht.
Für Touristen werden die Gesetze auch nicht so super streng ausgelegt. Da rutscht das Kopftuch eben dauernd runter … na und? Mir war das irgendwann zu nervig, also habe ich das Tuch mit Haarnadeln befestigt, hätte aber nicht sein müssen. Es hätte niemanden großartig gestört, sobald ich irgendwann das Stück Stoff wieder halbwegs auf dem Kopf habe. Aber ich brauchte mich nicht mehr darum kümmern und hatte meine Gedanken frei für alles andere.
Einmal gingen wir in Shahrood auf den Bazar, und wir meinten, Laura würde locker als Teenager durchgehen. Da wäre es vielleicht nicht so tragisch, wenn sie ihr Kopftuch nicht trägt. Nun, es hielt tatsächlich eine Polizeistreife an, um uns freundlich darauf hinzuweisen, dass doch bitte auch Laura ihr Kopftuch tragen solle. Wir sind allerdings der Meinung, die Polizisten waren hauptsächlich neugierig, wollten sich etwas wichtig tun und vor allem unbedingt wissen, wo wir herkommen. Überhaupt erregte Laura mit ihren blonden Haaren und den pinkfarbenen Schals sehr viel Aufmerksamkeit, sie wurde quasi überall angesprochen, von Mädchen, Frauen … in der U-Bahn dann auch mal von Männern.
Innerhalb des Hostels oder wenn wir mit der Familie privat zusammen waren, konnten wir die Schals übrigens ablegen – selbst wenn alle Frauen in der Familie weiter die Schals und Kopftücher getragen haben. Alle waren zu jeder Zeit bemüht, dass wir es so bequem und gemütlich wie nur irgend möglich hatten, wofür wir aus tiefstem Herzen dankbar sind. Es gab während der ganzen Zeit nur ganz wenige kurze Momente, wo ich von diesem Schal etwas genervt war. Ich hatte mir das alles schwerer vorgestellt, als es dann tatsächlich war.
Beim Besuch von Imamzadeh Saleh in Teheran, ein Schrein in der Nähe des Tajrish Bazars, mussten wir natürlich einen Tschador tragen, den langen Umhang, der den ganzen Körper bedeckt. Das ist so vorgeschrieben. Es fühlt sich schon komisch an, und wir waren froh, den Tschador auch wieder abgeben zu können.
Der Großteil der iranischen Frauen möchte selbst kein Kopftuch tragen, doch es ist nun einmal Gesetz, und selbst in Deutschland ist es nicht einfach, Gesetze zu ändern. In einem Land wie dem Iran dann erst recht nicht.
Ich wünsche und hoffe, dass sich vieles im Iran zum Guten ändern wird. Die Welt befindet sich in Veränderung, so wird sich auch der Iran verändern. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Weiter im nächsten Teil …
So viel erst einmal zu den ersten Gedanken über unsere Reise. Im nächsten Teil wird es dann um Basare, die Verständigung, Taarof und das Reisen im Iran gehen.
Hast Du Fragen, blieb bisher etwas unbeantwortet? Ich freue mich sehr, wenn ich all Deine Fragen hier beantworten kann! Schreib mir dafür einfach einen Kommentar.
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