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Emotionales Essen verstehen: Wenn der Kühlschrank zum Zufluchtsort wird

  • Beitrag zuletzt geändert am:12. September 2024
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Kennst du das Gefühl, wenn du plötzlich vor dem Kühlschrank stehst? Der Blick richtet sich auf das Essen, als wärst du ferngesteuert. Dein Verstand sagt dir ganz klar, dass du eigentlich keinen Hunger hast – und doch greifst du zur Schokolade, zu den Chips, zu dem, was gerade da ist. Du weißt: Das ist nicht das, was du wirklich brauchst. Und trotzdem tust du es.

Es fühlt sich an, als würdest du dich selbst von außen beobachten, aber du kannst den Impuls nicht stoppen. Ich kenne dieses Gefühl. Ich habe es so oft erlebt – und es hat mich lange begleitet.

Warum wir emotional essen

Die Gründe für emotionales Essen sind so individuell wie wir selbst – und doch ähneln sich viele Muster. Manchmal essen wir, um nicht fühlen zu müssen. Vielleicht ist da eine Leere, die auf eine tiefere emotionale Ebene hinweist – Traurigkeit, Angst, Überforderung – und das Essen dient dazu, diese Gefühle zu betäuben.

Wir füllen uns mit Essen, in der Hoffnung, dass es auch die unangenehmen Emotionen füllt – und sie am besten gleich mit erstickt. Doch das funktioniert nie.

Dann gibt es die Momente, in denen wir essen, um überhaupt etwas zu fühlen. Wenn wir uns innerlich abgestumpft oder leer fühlen, wenn wir den Kontakt zu uns verloren haben, kann der Geschmack von Essen uns zumindest kurz etwas Lebendigkeit schenken. Süßes, Fettiges, Salziges – es wirkt wie ein kleiner Kick. Aber danach? Danach bleibt oft nur das gleiche Leeregefühl, das wir eigentlich loswerden wollten.

Und dann ist da noch das Essen aus Langeweile. Du sitzt da, nichts passiert – und plötzlich denkst du ans Essen. Du fühlst dich leer, aber nicht körperlich. Sondern emotional. Und der Snack bietet dir wenigstens Geschmack und Beschäftigung.

Egal, aus welchem Grund – danach kommt oft die Scham. Die Enttäuschung über dich selbst. Du denkst vielleicht: „Ich hab schon wieder versagt.“
Kennst du das?

Der Moment vor dem Kühlschrank

Es gibt eine Szene, die sich bei mir eingebrannt hat. Ich stehe in der Küche, der Kühlschrank ist offen, und ich starre hinein. Alles steht da – Milch, Aufschnitt, Käse, Reste, Gemüse. Und ich weiß ganz genau: Ich bin nicht hungrig.

Aber irgendetwas in mir zieht mich an. Es fühlt sich fast so an, als hätte das Essen Macht über mich. Ich greife – obwohl ich das gar nicht will. Ich bin wie eine Marionette, deren Fäden von einer Kraft gezogen werden, die ich selbst nicht verstehe.

Wenn ich es geschafft habe, in diesen Momenten kurz zu stoppen und mich ehrlich zu fragen, was ich eigentlich brauche, war es fast nie das Essen.
Es war oft Geborgenheit. Oder Trost. Oder einfach der Wunsch, nicht allein zu sein. Das Essen war nur ein Versuch, dieses Bedürfnis zu füllen.

Der Kreislauf des emotionalen Essens

Es ist so leicht, sich in diesem Kreislauf zu verlieren. Du fühlst etwas – greifst zum Essen – fühlst dich kurz besser – und dann kommen die Schuldgefühle. Die Selbstverurteilung. Und das eigentliche Problem? Das ist immer noch da. Ungelöst.

Was ich auf meinem Weg gelernt habe: Der erste Schritt ist, diesen Moment bewusst zu erkennen. Denn in dem Moment, in dem du merkst, dass du „automatisch“ zum Essen greifst, hast du eine Chance. Du kannst kurz innehalten – und vielleicht etwas anderes wählen.

Beim nächsten Mal, wenn du vor dem Kühlschrank stehst oder mit der Hand zur Chipstüte greifst, frag dich:
👉 Was fühle ich gerade wirklich?
👉 Was brauche ich in diesem Moment tatsächlich?

Vielleicht ist es Einsamkeit. Oder Stress. Oder das Gefühl, dass alles zu viel ist.

Was dir wirklich helfen kann

In solchen Momenten hilft es mir, das Bedürfnis hinter dem Essen zu erkennen. Und dann etwas zu tun, was tatsächlich hilft:

  • einen kurzen Spaziergang machen
  • ein Glas Wasser trinken
  • tief durchatmen
  • jemandem schreiben oder anrufen
  • einfach nur still sitzen und das Gefühl zuzulassen

Was besonders hilft – und was wir viel zu selten tun – ist: darüber sprechen.
Sagen zu dürfen: „Ich bin gerade überfordert. Es ist zu viel.“
Niemand erwartet, dass du immer stark bist. Nur du selbst.

Sanft zu dir selbst sein

Ich kann es nicht oft genug sagen: Emotionales Essen ist keine Schwäche.
Es ist eine Bewältigungsstrategie, die du dir irgendwann angeeignet hast. Vielleicht schon als Kind.

Und es ist okay, wenn du das nicht sofort ändern kannst.
Der Schlüssel ist, dich nicht zu verurteilen, sondern mit Liebe und Neugier hinzuschauen: Warum greife ich gerade zu dieser Strategie?
Was möchte ich mir eigentlich geben?

Emotionales Essen ist oft nur das Symptom von etwas Tieferem. Und je mehr du dich deinen Gefühlen zuwendest, desto mehr verlieren sie ihre Macht.

Die 5-4-3-2-1-Technik: Achtsamkeit gegen den Impuls

Eine Methode, die dir helfen kann, in solchen Momenten bewusst innezuhalten, ist die 5-4-3-2-1 Technik. Vielleicht kennst du sie schon. Sie stammt aus der Achtsamkeitspraxis und hilft, das Gedankenkarussell zu stoppen.

🔹 5 Dinge, die du sehen kannst
🔹 4 Dinge, die du berühren kannst
🔹 3 Dinge, die du hörst
🔹 2 Dinge, die du riechst
🔹 1 Ding, das du schmeckst

Diese kleine Übung holt dich zurück in den Moment. Sie unterbricht den Automatismus und bringt dich zurück in den Körper.
Und manchmal reicht das schon.

Ich habe dabei oft etwas Spannendes bemerkt:
Wenn ich z. B. den Geruch aus der Küche plötzlich bewusst wahrnehme – finde ich ihn gar nicht mehr so anziehend.

Journaling-Fragen für deinen Heilungsweg

Vielleicht magst du ja auch Journaling – oder du hast es bisher wie ich eher zögerlich ausprobiert. Für mich war es ein riesiger Schritt, mich schriftlich mit mir selbst auseinanderzusetzen.

Hier ein paar Fragen, die dir helfen können, liebevoll und ehrlich hinzuschauen:

  1. Was fühle ich wirklich, wenn ich emotional essen will?
  2. Welche Situationen lösen bei mir diesen Impuls besonders oft aus?
  3. Was erwarte ich vom Essen in solchen Momenten?
  4. Wie fühle ich mich danach – und was sagt mir das?
  5. Welche Rolle hat Essen früher in meiner Kindheit gespielt?
  6. Was könnte ich mir stattdessen Gutes tun?
  7. Wie wäre es, das Hungergefühl einfach nur zu beobachten?
  8. Wann habe ich mich das letzte Mal bewusst anders entschieden?
  9. Wie kann ich mich liebevoll ansprechen, wenn ich schwach werde?
  10. Was nährt mich wirklich – emotional, nicht körperlich?

Du musst nicht alle Fragen auf einmal beantworten. Wähle die, die dich gerade ansprechen.

Mein persönlicher Weg

Für mich ist das Thema emotionales Essen ein lebenslanger Begleiter. Gerade in schwierigen Lebensphasen – wie nach den Lockdowns oder bei tiefgreifenden Veränderungen – kamen alte Muster wieder hoch.

Ich habe gelernt: Es ist okay. Es braucht Zeit. Und vor allem: Es braucht Mitgefühl mit mir selbst.

Du musst diesen Weg nicht allein gehen

Vielleicht wünschst du dir jemanden, der dich begleitet. Ich arbeite mit der Yager-Methode, die dir helfen kann, alte Verhaltensmuster sanft und nachhaltig zu verändern – ohne tief in alten Geschichten wühlen zu müssen.

Wenn du magst, begleite ich dich ein Stück auf deinem Weg. (Lies gerne meine Coaching-Angebote)
Denn du musst das nicht alleine schaffen.

Emotionales Essen verstehen – und dich selbst wieder fühlen

Emotionales Essen ist kein Feind – sondern ein Hinweis. Auf etwas in dir, das gesehen, gehört und verstanden werden will.

Wenn du beginnst, dich dir selbst liebevoll zuzuwenden, wirst du merken: Du brauchst das Essen nicht mehr, um dich zu beruhigen.
Denn du beginnst, dich selbst zu halten.

Fühl dich umarmt.

Alles Liebe, Karen

FAQ – Emotionales Essen

Was ist emotionales Essen?

Emotionales Essen bedeutet, zu essen, ohne körperlichen Hunger zu haben – oft aus Stress, Einsamkeit oder Langeweile. Es dient dazu, unangenehme Gefühle kurzfristig zu überdecken.

Wie kann ich emotionales Essen erkennen?

Wenn der Hunger plötzlich kommt, sehr spezifisch ist (z. B. nur auf Schokolade) und du dich nach dem Essen schlechter fühlst – handelt es sich meist um emotionales Essen.

Was hilft sofort gegen emotionales Essen?

Achtsamkeitstechniken wie die 5-4-3-2-1 Methode oder ein kurzes Gespräch mit einem vertrauten Menschen können helfen, den Impuls zu unterbrechen. Auch ein Glas Wasser oder ein kurzer Spaziergang wirken oft Wunder.

Ist emotionales Essen heilbar?

Es ist ein Prozess – aber du kannst lernen, neue Wege zu gehen. Mit Selbstmitgefühl und sanften Methoden kannst du den Kreislauf Stück für Stück durchbrechen.

Wie unterstützt mich Coaching dabei?

Ein Coaching hilft dir, deine Muster zu erkennen und alternative Strategien zu entwickeln. Besonders Methoden wie die Yager-Methode arbeiten dabei lösungsorientiert und tiefgründig zugleich.

Karen Wiltner
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